Mein erster "Autokauf" Teil 2
Fortsetzung von Teil 1
............. Denn, beim Betreten der Räumlichkeiten, stand er plötzlich vor mir - mein Traumwagen!
Genau, der Ford Capri, den ich aus meinen abgewetzten Prospekten schon in und auswendig kannte. Schlagartig änderte sich meine Stimmungslage. Ich zitterte in diesem Moment vor Freude am ganzen Körper, ich war nervös und überglücklich zugleich - Sie kennen dieses Gefühl, wenn man nicht weiß, was man denken soll, wo man zuerst hinschauen soll oder was man zuerst anfassen möchte!?! Ich hatte mich bereits lange zuvor in dieses Auto, nein, genauer gesagt, in das Design und die wunderschönen Formen total verliebt. Blitzartig vergessen war warum wir überhaupt zum Autohaus gekommen waren. Ich hatte nur noch Augen für den Capri, obwohl der neue 17m grade mal ein paar Meter weiter draußen vor der Tür stand. Während die Erwachsenen sich also mit langweiligen Dingen wie Bezahlen beschäftigten, nutze ich deren Unaufmerksamkeit gnadenlos und eiskalt aus. „Bitte nicht berühren“ gab es damals noch nicht und mit 6 Jahren dachte ich beim Anblick der wohl proportionierten Formen noch nicht wirklich an das weibliche Geschlecht.
Was also meine Blicke und Gedanken zuvor bereits vorwegnahmen vollzog ich nun mit den Händen und tastete alle Formen des Wagens ab. Hätte ich damals gleich richtig kombiniert wäre das wohl die Erfindung des Laserscanners gewesen - aber was soll´s, ich hatte eh nur den Capri im Kopf. Nach wie vor war ich alleine am Auto, die Erwachsenen hörte ich im Hintergrund plaudern und lachen, also konnte ich mein kleines aufregendes Abenteuer ungehindert fortsetzen. Die Türen waren nicht verschlossen, so stieg ich in den Wagen ein, drückte ein paar Knöpfe, betätigte ein paar Schalter um letztlich freudig das Lenkrad in der Hand zu halten und in Gedanken meine ersten Runden zu drehen. In meinen Traum vertieft fuhr ich schon vor unserem Haus in der Siedlung vor, wo alle Nachbarn sich sofort versammelten und mein tolles Auto bewunderten. Und natürlich konnte ich auch schon erahnen wie sich die Mädels um mich reißen würden.
Plötzlich rief mein Vater nach mir und ich erwachte aus meinen Tagträumen. Er kam mit Herr Schuler im Schlepptau zum Capri und meinte wir würden nun nach Hause fahren. Ich bat darum noch ein wenig Zeit mit meinem Traum verbringen zu dürfen und Herr Schuler fragte mich ob ich so ein Auto einmal haben möchte. Er las meine Antwort bereits aus meinen funkelnden Augen - sie war kurz und knapp. Doch, bei aller Freude, ein kleines Manko hatte der ausgestellte Wagen dann schon - er war blau, meiner musste aber rot sein! Herr Schuler bat mich zu sich an seinen Schreibtisch und ich durfte auf dem Kundenstuhl Platz nehmen. Dann nahm er seinen Kaufvertragsblock und begann vor meinen Augen, Zeile um Zeile den Kaufvertrag mit allen notwendigen Details auszufüllen. Als Liefertermin trug er meinen 18. Geburtstag ein - also noch gute 11 Jahre! Ich war sprachlos, das alles konnte doch gar nicht wahr sein! Im Hinterkopf aber dachte ich schon etwas weiter - super, denn so hätte ich ja genug Zeit um die 8792 Mark anzusparen. Vollkommen in Trance unterschrieb ich den Vertrag - mein allererster Kaufvertrag! Was für ein Glück, dass ich bereits etwas lesen und meinen Namen sauber schreiben konnte, denn so eine Chance gäbe es ja sicher nie wieder dachte ich. Rabatt? Fehlanzeige! Davon redete damals noch niemand beim Autokauf. Meine Eltern ließen wohlwollend alles geschehen. Stolz hielt ich anschließend den gelben Durchschlag in der Hand und starrte ihn unaufhörlich an - was für ein Gefühl das war! Ich glaubte ich hätte die ganze Welt gekauft.
Am Ende wurde ich gar etwas überheblich und konnte ganz und gar nicht verstehen, wie meine Eltern sich für einen 17m entscheiden konnten und nicht für so einen tollen Capri wie ich ihn einmal besitzen würde. Rückblickend muss ich aber sagen: liebe Mama, lieber Papa - Respekt! Mit dem 17m hattet Ihr Euch für eine ziemlich coole Familienkutsche entschieden, die zu dieser Zeit doch etwas aus dem gewohnten Bild heraus fiel - ein Familiencoupe hatte damals kaum jemand und die Farbwahl war geschmackvoll und mutig - ganz schön fortschrittlich und auffällig für die einstige Zeit!
Doch, wie ging es dann nach der Bestellung des Capri für mich weiter? An diesem Tag begann er für mich - der Ernst des Lebens! Denn, was für Herr Schuler nur ein riesiger (und pädagogisch sehr wertvoller) Spaß war, war in meinen Gedanken der volle Ernst und ich war bereit Verantwortung zu übernehmen. Für mich war felsenfest klar, dass ich mein Traumauto bestellt hatte, und, dass ich den roten Flitzer an meinem 18. Geburtstag mit einem breiten Grinsen im Gesicht abholen würde. Zu diesem Zeitpunkt war ich wohl der glücklichste 6-jährige Bub auf der Welt. Aber nur fast - denn, eine Schattenseite hatte das Ganze dann doch, denn meine "guten" Freunde glänzten nicht dadurch sich mit mir zu freuen, sondern deren Neid nahm teilweise unglaubliche Dimensionen an. Ohne das hier näher zu erörtern kann ich nur sagen, dass genau das mich nur noch mehr anspornte!
Was sich noch so ereignete erfahren Sie im nächsten und letzten Beitrag, der am 31.07.2016 erscheint...